• Slider Image
  • Slider Image
  • Slider Image
  • Slider Image

„Einsam in der Menschenmasse“

 
Gleich zu Beginn des Martha-Saalfeld-Tages besuchten die Schülerinnen und Schüler das Haus, in dem Martha Saalfeld in der Zeppelinstraße Bad Bergzabern wohnte. Heute lebt hier eine Familie mit drei Kindern, die die Schülergruppe durch den Garten führte. Im Garten entdeckte Michaela Böer (Jahrgangsstufe 13) Bäume, die auch im Roman „Pan ging vorüber“ der Schriftstellerin vorkommen. Von der Villa ging es weiter zum Stadtmuseum, wo Alfred Burckhardt und Renate Becker den Schülerinnen und Schülern druckgrafische Werke des Ehemanns von Martha Saalfeld – Werner vom Scheidt – zeigten.Auch das bescheidene Mobiliar, welches zuvor das Wohnzimmer der Villa in der Zeppelinstraße ausmachte, konnten die Schüler dort sehen: einfache Korbstühle, ein kleiner Tisch und ein allerdings prächtig verzierter Schrank. Die letzte Station des Rundgangs durch die Kurstadt bildete der Stein, den die Ike-und-Berthold-Roland-Stiftung zu Ehren des Künstler-Ehepaares im Kurpark aufstellen ließ. Von hier ließ sich in Teilen die Pfälzer Landschaft erahnen, die immer wieder Thema im Werk der beiden war.

So stellte eine Gruppe das Gedicht „Die pfälzische Landschaft“ spielerisch dar, andere Gruppen schrieben Romanauszüge von Martha Saalfeld weiter, drei Gruppen beschäftigten sich mit dem Leben der Bad Bergzaberner Autorin mit einem Film, einer gezeichneten Lebenslinie und einem fiktionalen Text. „Man merkt, dass sie es nicht leicht hatte, aber sie hatte immer gute Lösungen“, sagte Schülerin Marie-Claire Blum über Martha Saalfeld. Nathalie Bolz meinte: „Am beeindruckendsten an ihrem Leben fand ich, dass sie so viel durchgemacht hat, zum Beispiel, als sie mit sieben Jahren zu ihrer Oma gezogen ist.“ Anna Fribiczer erklärte, dass „die Texte uns ansprechen, weil Martha Saalfeld eben oft die pfälzische Landschaft beschreibt, die wir jeden Tag vor Augen haben.“

Die Gruppe um Charlotte Weingarten, Felix Hundertmark und Patrick Stephan schrieb zu Martha Saalfelds Gedicht „Der Bürger“ eine Szene. Das Gedicht selbst wurde eindrucksvoll von Charlotte Weingarten vorgetragen, während andere Gruppenmitglieder das Gesprochene gleichzeitig szenisch darstellten. „Obwohl der Bürger ins Wirtshaus geht, obwohl er ständig unter Leuten ist, bleibt er immer einsam“, erläuterte Charlotte. „Genau wie heute – so geht es auch vielen, gerade älteren Leuten.“ Dafür erhielt die Gruppe den 1. Preis.

Den zweiten Preis erhielten Lena Wensch, Christina Beck, Theresa Krumholz und Monja Richard, die das, was sie morgens von Alfred Burckhardt und Renate Becker in der Saalfeld-Scheidt-Gedenkstätte erfahren hatten, in einem eigenen Text umsetzten: Vom Scheidt hatte den Pelzkragen von Martha Saalfeld dazu benutzt, einen Druck zu einem Bären anzufertigen.

Martha Saalfeld Tag 15

Die Gruppe um Anna Heideyer, Anna Fribiczer, Cassandra Matko und Lena Scheib wählte einen Romanauszug aus Martha Saalfelds Werk „Pan geht vorüber“ und schrieb dazu eine Fortsetzung. „Die Atmosphäre dieses Textes versucht den Sehnsuchtsdrang nach die Unbekümmertheit und Freiheit, die auch zur Zeit Martha Saalfelds vorherrschte, einzufangen. Selbst in den verwinkelsten und dunkelsten Ecken, wie in denen eines Speichers, ist es möglich Glück zu finden“, erläuterte Lena Scheib die Textidee der Gruppe, die dafür den 3. Preis erhielt. Die Romanprotagonistin Bettina entdeckt in der Schülerversion das Glück in der Musik eines Panflötenspielers. Dieser spürt sie so intensiv nach, dass sie sich beim Tanzen auf der Straße ertappt.

Die drei besten Gruppen erhielten Büchergutscheine im Wert von 140 Euro, die von der Ike- und- Berthold- Roland-Stiftung gestiftet wurden. Der Projekttag wurde auf Anregung dieser Stiftung und durch die Vermittlung von Renate Becker zum ersten Mal durchgeführt, soll aber in den folgenden Jahren zu einer festen Institution am Gymnasium im Alfred-Grosser-Schulzentrum werden. Die Schülerinnen und Schüler werden auch eine Lesung mit einem der Preisträger des Martha-Saalfeld-Preises, dem Schriftsteller Markus Zerwas, am 12. Oktober im Raum A 105 des Gymnasiums besuchen.

Ziel des Martha-Saalfeld-Tages war die kreative Auseinandersetzung mit dem Leben, einigen Gedichten und Romanauszügen von Martha Saalfeld (1898-1976). Die Schriftstellerin verbrachte die wichtigsten Jahre ihres Lebens in Bad Bergzabern – gemeinsam mit ihrem Ehemann Werner vom Scheidt, der in der 1970er-Jahren Kunstlehrer am Gymnasium in Bad Bergzabern war. Der Saalfeld-Tag sollte zum einen die berühmte Schriftstellerin in die öffentliche Erinnerung bringen, zum anderen Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geben, kreativ mit Literatur umzugehen.
 
Martha Saalfeld
(geboren 1898 in Landau, gestorben 1976 in Bad Bergzabern)

Sie verbrachte die wichtigsten Jahres ihres Lebens genmeinsam mit ihrem Mann Werner vom Scheidt in Bad Bergzabern. Ihr Mann war in den siebziger Jahren Kunstlehrer am heutigen Gymnasium. Martha Saalfeld wuchs ab dem siebten Lebensjahr bei ihrer Großmutter auf. Sie besuchte die Höhere Mädchenschule, das heutige Max-Slevogt-Gymnasium, in Landau und fiel bereits dort mit ihrem dichterischen Können auf. Im Ersten Weltkrieg leistete sie freiwilligen Hilfsdienst in Lazaretten. Anschließend studierte sie in Heidelberg Philosophie und Kunstgeschichte. 1928 heiratete sie Werner vom Scheydt. Martha Saalfeld entschied sich für ein Leben als Schriftstellerin, wurde aber von den Nationalsozialisten verfolgt. 1938 wurde gegen sie ein Publikationsverbot verhängt. 1948 zog sie nach Bad Bergzabern. Dort veröffentlichte sie Gedichte, Erzählungen und Romane und wurde u.a. durch Hermann Hesse, Stefan Zweig und Elisabeth Langgässer gewürdigt. Ihre Texte beschäftigen sich mit der Natur und haben oft magisch-märchenhafte Motive. Sie erhielt mehrere Preise, unter anderem den Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1955) und den Pfalzpreis für Literatur des Bezireksverbandes Pfalz (1959). Nach ihrem Tod wurde sie in ihrer Geburtsstadt Landau beigesetzt. 1994 stiftete das Land Rheinland-Pfalz den Martha-Saalfeld-Förderpreis.



VOL, 10/15


 


weiterlesen

„Lauter Unikate“


„Wir verabschieden hier lauter Unikate“, sagte der stellvertretende Schulleiter des Gymnasiums im Alfred-Grosser-Schulzentrum Jörg Engel bei einer Feierstunde am letzten Schultag vor den Sommerferien. Ingeborg Simon und Rainer Ehrhardt traten ihren Ruhestand an, Olaf Pätzold geht an eine deutsche Schule nach Mexiko und Ann-Sophie Briem verließ ebenfalls das Gymnasium. „Was machst du denn nun im Ruhestand?“ fragte Mathematik- und Physiklehrerin Ingeborg Simon ihren nun ehemaligen Kollegen Rainer Ehrhardt während ihres humoristischen Rückblicks auf ihre lange Tätigkeit als Lehrer. „Oh je: Ich muss daheim nun allein frühstücken, denn meine Frau arbeitet ja noch als Lehrerin“, antwortete der. Alle lachten. Ingeborg Simon berichtete ebenfalls nicht ganz ernst gemeint über ihren bevorstehenden Reisestress und schließlich fragten beide, ob sie nicht doch lieber in der Schule bleiben sollen. Das war mit einem Augenzwinkern gesprochen, aber tatsächlich hatten beide sich sowohl im Unterricht als auch außerhalb überdurchschnittlich für ihre Schule engagiert. Das betonte der kommissarische Schulleiter Jörg Engel in seiner Rede. „In Konfe-renzen wussten alle: Wenn der Rainer was sagt, dann muss es wichtig sein. Er war die Stimme der Vernunft“, so Engel. Es sei kaum möglich, alles aufzuzählen, was Rainer Ehrhardt seit seiner Ankunft in Bad Bergzabern vor 35 Jahren im und außerhalb des Unterrichts alles gemacht habe, angefangen bei diversen Ausstellungen. Im Jahr 2000 erhielt er dafür sogar eine der neu eingeführten Prämien für Lehrkräfte. Er war langjähriges Mitglied des Personalrats, eine der Stützen beim Volleyballteam des Kollegiums, er gab viele Jahresschriften und auch die schulinterne Zeitschrift „Nouvelles“ heraus und er begeisterte seine Schülerinnen und Schüler immer wieder für seine Fächer Deutsch und Geschichte. Als Leiter des Schularchivs förderte er häufig Spannendes aus der Geschichte zutage.

„Du bist einfach ein toller Typ“, brachte es Jörg Engel auf den Punkt. Diese Wertschätzung teilte das gesamte Kollegium. Mehrere Gruppen lobten Rainer Ehrhardt in diversen Sketchen und Vorträgen als denjenigen im Kollegium, der immer sachlich und ruhig versucht habe, die optimale Lösung zu finden. Unter anderem suchte in einem Sketch eine Kommission der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) einen verdienten Kollegen in Bergzabern. Daneben dankten alle Kolleginnen und Kollegen Rainer Ehrhardt für die satirischen (Halb-)jahresrückblicke am Ende jedes Schul(halb-)jahres. Auch an diesem Freitag blickte er noch einmal zurück, diesmal auf 35 Jahre, und erzählte, was ihm an Lustigem in dieser Zeit widerfahren war.

Auch bei Ingeborg Simon lobte der stellvertretende Schulleiter des Gymnasiums im Alfred-Grosser-Schulzentrum Bad Bergzabern, Jörg Engel, das große Engagement, unter anderem als Vorsitzende der Fachschaft Physik sowie ihren Einsatz an außerunterrichlichen Lernorten. Sie habe sich auch intensiv fortgebildet und sich für die naturwissenschaftli-che Grundbildung eingesetzt. Dabei habe sie sich über ihre Fächer hinaus auch immer für Politik und Geschichte interessiert. Sie sei als Physiklehrerin auch schon seit vielen Jahren die Strahlenschutzbeauftragte der Schule gewesen. Schließlich bereitete ein Chor, unter anderem aus Physik- und Mathematikkollegen, Ingeborg Simon mit „Ich war noch niemals in Peru“, auf etwaige Reisen im Ruhestand vor.

Verabschiedung 1

Im Gegensatz zu Ingeborg Simon und Rainer Ehrhardt gehen Olaf Pätzold und Ann-Sophie Briem nicht in den Ruhe-stand. Biologie- und Sportlehrer Olaf Pätzold geht für zunächst drei Jahre an eine deutsche Schule in Mexiko, Deutsch- und Französischlehrerin Ann-Sophie Briem wechselt ebenfalls. Olaf Pätzold nahm vom Personalrat, dessen Mitglied er war, einen Sombrero entgegen und genoss das Chorstück „Go West“. Die Schulleitung lobte sein Engagement für die naturwissenschaftliche Bildung, insbesondere in dem noch jungen Fach „Nawi/Naturwissenschaften“, in dem in Klasse fünf und sechs die Grundlagen für die späteren Fächer Chemie, Biologie, Geographie und Physik gelegt werden sollen. Als Vorsitzender der Fachschaft Nawi habe sich Olaf Pätzold besonders für dieses Fach eingesetzt, nachdem er aus Berlin über Köln (Studium), die deutsche Schule in Kairo und die Integrierte Gesamtschule Kandel nach Bad Bergzabern gekommen war. Olaf Pätzold habe sich auch beim Schwimmverein in Bad Bergzabern engagiert und konnte so 2014 einen Landessieg bei Jugend trainiert für Olympia mit anschließender Finalteilnahme in Berlin verwirklichen.

Verabschiedung 2

Olaf Pätzold war es auch, der als Noch-Personalrat Ann-Sophie Briem verabschiedete, die sich kurzfristig bereiterklärt hatte, eine Vertretung an der Schule zu übernehmen, schon nach wenigen Wochen aber so integriert in das Kollegium gewesen sei, als arbeite sie schon seit Jahren am Alfred-Grosser-Gymnasium. Ihr Studium hatte sie in Freiburg und Berlin absolviert. Jörg Engel lobte sie auch dafür, dass sie sich sofort engagiert in die Arbeit gestürzt habe und sich penibel auf ihre Arbeit vorbereitet habe. Die Deutsch- und Französischlehrerin habe sich bei der zu vertretenden Lehrerin genau erkundigt, was auf dem Plan stehe.
Verabschiedung 3


VOL, 7/15

 

weiterlesen

„Für die waren wir Ungeziefer“

„Was hat sie all die Jahre in der Haft, bei all den Misshandlungen und der Folter durchhalten lassen“, fragt eine Schülerin des Leistungskurses Geschichte des Jahrgangs 12 des Gymnasiums im Alfred-Grosser-Schulzentrum Bad Bergzabern den DDR-Flüchtling und späteren Fluchthelfer Wolfgang Welsch. „Die einen haben einen starken Charakter, die anderen einen weniger starken“, antwortet der 71-Jährige. Er wird später noch oft darauf zurückkommen, dass es den Mitarbeitern der Staatssicherheit (Stasi), des Inlandsgeheimdienstes der DDR, darum ging, Menschen zu brechen. „Manche haben sich umdrehen lassen, haben gesagt: ´Ja, ich will wieder ein wertvoller Bürger dieses sozialistischen Staates sein´“, erzählt Welsch. Aber seine Mutter sei aus Ostpreußen, „da hat man einen Dickschädel“, sagt er. „Je mehr ich geschlagen wurde, desto mehr dachte ich: ´Jetzt erst recht!´“, sagt er und spätestens bei diesem Teil seines Vortrages hören alle 18 Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrer trotz des schwül-heißen Vormittags ganz genau zu. Einer fragt: „Wie muss man sich die Folter denn konkret vorstellen? Wie im Mittelalter?“ Wolfang Welsch beschreibt, wie er auf einen Hocker steigen musste und an ein Gitter gekettet wurde. Dann wurde der Hocker weggetreten. Die Handschellen schnitten ins Fleisch. Der Wärter habe ihn dann mit einem Schlagstock in die empfindlichen Seiten, in Leber und Milz geschlagen, bis er ohnmächtig wurde. Ärztliche Versorgung gab es trotz schwerer Verletzungen nie. „Die Wärter sahen aus wie ganz normale Menschen, aber wir waren für die nur Ungeziefer. Die waren völlig ideologisiert“, berichtet er. Nie habe einer mit ihnen gesprochen, nie habe einer Mitleid gezeigt. Auf den Gefängnisgängen habe es Ampeln gegeben, die dafür sorgten, dass sich bloß nicht zwei Gefangene begegnet wären. „Das hätte dir in der Einzelhaft Kraft für Wochen gegeben“, sagt Wolfgang Welsch.

Welsch 3


„So bist du aber auf dich selbst zurückgeworfen. Ich habe Gedichte rezitiert“, sagt er. Auf winzigen selbst hergestellten Papieren, die er z.B. in Streichholzschachteln versteckte, schrieb er Gedanken auf. Eine seiner schlimmsten Erfahrungen in der Haft sei eine Scheinhinrichtung gewesen. Bis zum letzten Moment habe er geglaubt, er werde gleich wirklich erschossen.

„Wir haben es schließlich überlebt, zumindest körperlich“, sagt Welsch. Ohne Folgen blieb die brutale Haft nicht. „Als ich 1971 in den Westen durfte, wollte ich wieder als Schauspieler arbeiten“, erzählt der ehemalige politische Häftling. Er habe nach erfolgreichem Vorsprechen sogar gleich drei Engagements erhalten. „Aber als ich dann in der ersten Probe auf der Bühne stand, kam kein Ton raus“, sagt Wolfgang Welsch. Er habe eine Sprachblockade gehabt und seitdem nicht mehr als Schauspieler arbeiten können. Im Westen habe er außerdem kaum über seine Erfahrungen in der DDR reden können, denn in den 70er-Jahren sahen viele Linksintellektuelle die DDR noch als Alternative zum Westen. „Mir hätte keiner geglaubt“, sagt Wolfgang Welsch.

Mit einem Mitstudenten, der auch aus der DDR stammte, baute Wolfgang Welsch dann eine Fluchthilfeorganisation für DDR-Bürger auf. „Jemand hat unser System mal genial genannt“, sagt er. Echte westdeutsche Pässe verhalfen den Ostbürgern zur Flucht, indem sie sich im Ostblock als eingereiste Westler ausgeben konnten.

Welsch wurde deshalb auch im Westen von der Stasi verfolgt. Ein enger Freund war Mitarbeiter der Stasi und war in mehrere Mordanschläge, unter anderem mit Scharfschützen und Gift, eingeweiht. Mit viel Glück überlebte Welsch. Der DDR-Regimegegner kam am zweiten von vier Tagen fächerverbindenden Unterrichts. Dabei ging es um die Wende 1989, das Leben in der DDR und die Wiedervereinigung. Der Leiter des Leistungskurses Geschichte, Stefan Bingler, Ethiklehrerin Dr. Annette Kliewer und Geschichtslehrer Markus Vollstedt hatten sich zusammengetan, um das Leben in einer Diktatur, sowie Flucht und Revolution zu thematisieren. Annette Kliewer hatte z.B. mit den Schülern besprochen, ob Fluchthilfe auch mit Blick auf die Schlepperbanden im Mittelmeer generell zu rechtfertigen sei. Als Ergebnis ihrer Arbeit produzierten die Schüler ein filmisches Interview mit Wolfgang Welsch sowie Audioguides zu einer Plakatausstellung zu DDR-Geschichte und friedlicher Revolution.

Am Mittwochmorgen, vor dem Besuch von Wolfgang Welsch, wurden die Schüler noch zum Thema informiert: „Widerstand gab es all die Jahre der DDR“, sagt Wolfgang Welsch. „Der Arbeiteraufstand vom 17. Juni 1953 war Trauma für die Regierung der DDR bis zum Schluss. Die hatten immer Angst, dass das Volk sich wehrt.“ Dabei sei Freiheit immer das Wichtigste gewesen. „Die Mauer war eine Grenze, die gegen die eigene Bevölkerung gerichtet war. Sie war keine normale Grenze zur Verteidigung gegen äußere Feinde“, sagte Niels Dehmel von der Deutschen Gesellschaft (in Zusammenarbeit mit der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Friede-Springer-Stiftung) vor dem Besuch von Wolfgang Welsch. So habe man die Grenze von Westen her deutlich leichter überwinden können als von Osten her. Es habe bis zu zehn Hindernisse gegeben, zum Beispiel einen KFZ-Graben, in den Autos hineinfuhren, bevor sie überhaupt die Mauer erreichten. Unmittelbar hinter der Mauer hätten die DDR-Grenzsoldaten regelmäßig die Erde aufgelockert, um Fußspuren sofort zu erkennen – „und das auf 160 Kilometer Länge“, erzählte der Berliner Niels Dehmel. „Es gab sogar einen Plan „Mauer 2000″, mit dem der Grenzwall modernisiert und digitalisiert werden sollte. Die DDR-Staatssicherheit sorgte auch mit gezielt gestreuten Gerüchten über angebliche Schwachstellen in der Mauer dafür, dass sich die Flüchtlinge lenken und leichter verhaften konnte.
Welsch 1


Dabei betonte Dehmel, dass sowohl der Mauerbau 1961 als auch der Mauerfall 1989 Ergebnisse einer langen Vorgeschichte waren. Die Mauer begann schon 1948 mit einem weißen Strich quer durch Berlin; lange vor 1961 kamen dann Stacheldraht und zunehmende Befestigungen. Auch 1989 habe sich entschieden, was in den Jahren zuvor vorbereitet worden war. Niels Dehmel erklärte den Schülerinnen und Schülern, wie bei den Kommunalwahlen im Mai 1989 zum ersten Mal durch Nachzählen zum ersten Mal die systematische Wahlfälschung in der DDR bewiesen werden konnte. Auch freie Meinungsäußerung sei nicht möglich gewesen. Aber in den 80er-Jahren hätten die Menschen einen zunehmend realistischen Blick auf ihre Situation gewonnen. Außerdem habe der damalige sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow wesentlich zur Wende beigetragen. Dehmel gab dann einen Überblick über den Verlauf der friedlichen Revolution 1989 von den ersten Grenzöffnungen in Ungarn bis hin zur versehentlichen Grenzöffnung durch Günter Schabowski im November 1989.

Am Ende des Schultages waren trotz der Hitze sowohl Schüler als auch Lehrer beeindruckt.

Wolfgang Welsch

„Ich bin ein Mann des Widerstands“, sagt Wolfgang Welsch (*1944). Er wurde Schauspieler, wollte aber weg aus der DDR. Sein Fluchtversuch 1964 scheiterte. Anschließend wurde er insgesamt sieben Jahre in DDR-Gefängnissen gefoltert und misshandelt. Er konnte Botschaften über sein Schicksal nach draußen schmuggeln, die im Westen Aufmerksamkeit erregten. 1971 wurde er gemeinsam mit anderen politischen Häftlingen auf Initiative des westdeutschen Bundeskanzlers Willy Brandt (SPD) freigekauft. Im Westen half er rund 200 DDR-Bürgern bei der Flucht. Die Staatssicherheit (Stasi), der ostdeutsche Inlandsgeheimdienst, verfolgte ihn daraufhin auch im Westen. Er überlebte mehrere Mordanschläge nur knapp; unter anderem versuchte ein enger Freund, der heimlich für die Staatssicherheit arbeitete, ihn zu vergiften. Welsch verarbeitete seine Erfahrungen in dem Buch „Ich war Staatsfeind Nr. 1″, das unter dem Titel „Der Stich des Skorpion“ 2004 verfilmt wurde.
VOL, 7/15
weiterlesen

Landesgartenschau 2015

Theodor Schmidt ruft: „Pass auf dein Saxophon auf!“ Er steht auf der Südpfalzbühne der Landesgartenschau und wird hier in Landau mit seiner Jazzcombo gleich die Auftritte des Gymnasiums im Alfred-Grosser-Schulzentrum Bad Bergzabern eröffnen. „Schneller“ gibt der Leiter der Jazzcombo den nächsten Einsatz vor. Zwischen zwei Stücken holt Schmidt, der die Jazzcombo in 15 Jahren zu einem der Aushängeschilder des Bergzaberner Gymnasiums aufgebaut hat, die Sängerin auf die Bühne. Alle sind hochkonzentriert. Den Schülerinnen und Schülern, die ab der siebten Klasse in die Jazzcombo können, ist anzumerken, dass sie auf diesen Tag wochenlang hingearbeitet haben. Die Stücke klingen alle fehlerlos und sorgen zusammen mit der sommerlichen Hitze an diesem 21. Juli für Ferienstimmung. Der Auftritt auf der Landesgartenschau ist einer von vielen für die Jazzcombo. Von Mallorca bis hin zum Landesrechungshof sind Theodor Schmidt und die 35 Schülerinnen und Schüler schon aufgetreten. Mit dem weißen Schulbus, der hier auf der Landesgartenschau hinter der Südpfalzbühne steht, fahren sie ihre Instrumente durch die Pfalz und die angrenzenden Regionen. Den international bekannten Jazzmusiker Jiggs Whigham konnten sie schon für einen Workshop in die Pfalz holen. Das setzt hohe Qualität voraus und die sieht man auch hier auf der Landesgartenschau: Selbst die Jüngsten auf der Bühne aus den siebten Klassen spielen präzise. Die Einsätze, die Theodor Schmidt vorne anzeigt, kommen auf den Punkt.

LGS 15 Jazz-Combo
 
Nach einer Stunde Jazzcombo treten auf der Südpfalzbühne die Streicherklassen 5v und 5y aus der Gemeinsamen Orientierungsstufe des Alfred-Grosser-Schulzentrums auf. Die Schülerinnen und Schüler spielen seit einem knappen Schuljahr ihr Streichinstrument. „Auf dem Griffbrett einer Geige gibt es anders als zum Beispiel bei einer Gitarre keine Anhaltspunkte für die Finger“, erklärt Kim Hust-Korspeter. Deshalb ist das Erlernen eines Streichinstruments eine Herausforderung. Aber gemeinsam mit Bärbel Rohde und Peter Hust bringt Kim Hust-Korspeter den Streicherklassen alles bei. Die drei haben das Projekt vor vier Jahren ins Leben gerufen. Während die Streicher „Hejo, spann den Wagen an“ spielen, erklärt Kim Hust-Korspeter, dass sie hofft, bald ein Streicherensemble am Alfred-Grosser-Schulzentrum aufbauen können.
LGS 15 Streicher

Anschließend spielen noch die „Swinging Seveners“ unter Leitung von Theodor Schmidt. Gleichzeitig singt an diesem Mittwochmorgen der Schulchor auf der Sparkassenbühne. Was bei der Jazzcombo und den Streichern das Stimmen der Instrumente ist, das ist hier das Einsingen. „Die So-, die So-, die So-o-nne scheint“ singen alle, während der Leiter des Schulchors, Christoph Bornschein, dirigiert. Dann geht es los. Die Schülerinnen und Schüler aus Realschule plus und Gymnasium im Alfred-Grosser-Schulzentrum singen Stücke von den siebziger Jahren bis heute.
LGS 15 Chor

Musik ist ein Schwerpunkt des Alfred-Grosser-Schulzentrums, doch es gibt am Gymnasium auch eine Theater-AG, die sich in den letzten 31 Jahren einen Ruf in der ganzen Südpfalz erworben hat. Während sie auf der Schulbühne in Bad Bergzabern anspruchsvolle Stücke, unter anderem von Brecht, Schiller, Sophokles, Dario Fo und anderen aufführen, haben sie sich heute bei hochsommerlichem Wetter etwas Heiteres ausgesucht. „Ich heiße Erwin Lindemann, bin 500000 Jahre alt … neee“. „Lottogewinner die erste“ ruft ein Mädchen mit Filmklappe. Die Regisseurin bittet Lottogewinner Erwin Lindemann noch einmal für das Fernsehen zu erzählen, wie er 500000 Mark gewonnen hat. In dem Stück von Loriot geht es zunehmend absurd zu und als der Lottogewinner sich immer mehr verhaspelt und schließlich behauptet, seine Tochter eröffne mit dem Papst eine Herrenboutique, lachen die Zuschauer aus vollem Hals. Im nächsten Sketch wird „ins Essen gequatscht“. Berthold Blaes, der seit 31 Jahren die Theater-AG leitet und 2011 für dieses Engagement mit dem Bürgerpreis der Sparkasse Südliche Weinstraße in der Kategorie Lebenswerk ausgezeichnet wurde, sitzt in der 6. Reihe und beobachtet gespannt, ob das funktioniert er, was er mit den jungen Schauspielerinnen und Schauspielern in tage- und nächtelangen Sitzungne erarbeitet hat.
LGS 15 Theater-AG

Musik und Theater am Gymnasium im Alfred-Grosser-Schulzentrum

Ein Aushängeschild des Gymnasiums im Alfred-Grosser-Schulzentrum Bad Bergzabern ist die Musik, unter anderem Jazzcombo, Streicherklassen, Bläserklassen, Chor, Swinging Seveners und die Theater-AG.
Die Jazzcombo feiert in diesem Jahr ihr 15-jähriges Jubiläum. Der Leiter der Jazzcombo, Theodor Schmidt, hat in den vergangenen 15 Jahren mit Jugendlichen aller Altersstufen Jazz auf höchstem Niveau geboten. Unter anderem traten sie beim Landesrechnungshof auf und holten den international bekannten Jazzmusiker Jiggs Whigham zu einem Workshop nach Bad Bergzabern. Es gelingt Theodor Schmidt immer wieder, selbst ganz junge Schülerinnen und Schüler zu höchsten Leistungen zu bringen. Er versammelt in der Jazz-Combo 35 Jugendliche aus allen Altersstufen.
Die Bläserklassen sind ebenfalls eine Besonderheit unseres Schulzentrums. Die Streicherklassen feiern im kommenden Jahr ihr fünfjähriges Jubiläum. Hier erlernen die Kinder in der fünften und der sechsten Klasse ein Streichinstrument. Bläser- und Streicherklassen treten regelmäßig auf.
Der Schulchor unter der Leitung von Christoph Bornschein tritt ebenso wie die anderen musikalischen Formationen regelmäßig auf, zuletzt im Juli mit dem „Back in Time“-Konzert.
Die Schülerband Fofo-Tank hat bereits Preise gewonnen und ist in der ganzen Region bekannt.
Die Theater-AG des Gymnasiums im Alfred-Grosser-Schulzentrum bietet seit 31 Jahren unter Leitung von Berthold Blaes Theater auf höchstem Niveau. Zum 30-jährigen Jubiläum der Theater-AG im März 2014 führten die Schülerinnen und Schülers Georg Büchners Leonce und Lena gemeinsam mit dem international bekannten Jazzmusiker Chris Jarrett auf.

VOL 7/15



Wieder Landespreise in Fremdsprachenwettbewerben für Schüler des Alfred-Grosser-Schulzentrums Bad Bergzabern

Ihr Film „N´aise pas peur. Parle avec quelqu´un “ (Hab keine Angst. Sprich mit jemandem) war ein Beitrag zum Zertifikat des Gymnasiums „Schule ohne Rassismus. Schule mit Courage“. Die Schüler entwickelten dann diesen fiktiven Krimi, in dem die Opfer – größtenteils Schüler mit Migrationshintergrund – mit kompromittierenden Videos erpresst werden. Mitschüler werden zu Detektiven, die die Erpressung aufklären.


P1140020

6 Mädchen aus der Klasse 9c haben beim gleichen Wettbewerb einen dritten Landespreis erreicht. Sie stellten in dem englisch-französischen Film „Noel through the world“ Weihnachtsbräuche in England, Quebec, Frankreich und „Hogwarts“ vor.

„Die Schüler drehten die Filme selbstständig und als Team. Uns war ein Anliegen, dass sie kreativ werden und sich mit der Fremdsprache auseinandersetzen“, sagt die Französischlehrerin der 7b, Annette Bingler. Die Klasse 9c wurde von Französischlehrerin Lisa Hohlreiter betreut.

P1140025

Bereits am 12. Juni ist Wiebke Rillig aus der Klasse 6v der Gemeinsamen Orientierungsstufe des Alfred-Grosser-Schulzentrums Landessiegerin im Vorlesewettbewerb Französisch geworden. Sie nahm in der Kategorie „Muttersprachler“ teil. Das Finale des Wettbewerbs „Moi, je lis en Francais“ wurde vom Partnerschaftsverband Rheinland-Pfalz-Burgund in Mainz veranstaltet.

Beim selben Wettbewerb erreichte Sophie Baskal aus der Klasse 7a des Gymnasiums nach Siegen im Schul- und Regionalwettbewerb ebenfalls im Finale eine gute Platzierung.

IMG 1523


VOL, 6/15


Wiederum erfolgreich im Landeswettbewerb Physik in allen 3 Runden

In der ersten Runde (für Klasse 8) haben folgende Schülerinnen und Schüler Urkunden erhalten und sind damit für die zweite Runde qualifiziert: Carolin Meißner (3. Preis), Leonie Meyer, Nam Nguyen, Julian Rehm und Fabian Rehm (2. Preis).

In der zweiten Runde (für Klasse 9) hat Marcel Klein einen 3. Preis errungen.
In der dritten Runde (für Klasse 10) und damit der Endrunde des Landeswettbewerbs Physik nahmen insgesamt zwölf Schülerinnen und Schülern aus ganz Rheinland-Pfalz teil, davon stellte unsere Schule 25% der Teilnehmer. Hier errangen Julia Hromada und Anna-Lana Schwarz einen 3. Platz und Maurice Hirt einen hervorragenden 2. Platz.
Für diese Endrunde mussten die Schüler eine umfangreiche Hausarbeit zu drei physikalischen Aufgabenstellungen vorbereiten. Während des dreitägigen Physikseminars an der Universität Kaiserslautern führten sie ein ihnen unbekanntes Experiment durch, werteten dies aus und unterzogen sich einem halbstündigen Kolloquium.

HUP, 5/15
weiterlesen

„Ich seh‘ mich nicht, wie du mich siehst!“


Unsere Schule ist seit 2013 im Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule für Courage“. Was bedeutet das? „Schule ohne Rassismus – Schule für Courage“ ist ein Projekt von und für SchülerInnen. Es bietet SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern die Möglichkeit, das Klima an ihrer Schule aktiv mitzugestalten, indem sie sich bewusst gegen jede Form von Diskriminierung, Mobbing und Gewalt wenden. Es ist das größte Schulnetzwerk in Deutschland. Ihm gehören über 1700 Schulen an, die von rund einer Million SchülerInnen besucht werden (Stand: Mai 2015).

2013 haben die verschiedenen Gremien an unserer Schule (Lehrerkonferenz, Elternbeirat und SV) folgende Selbstverpflichtung unterschrieben, die auch für uns heute gilt:

1. Ich werde mich dafür einsetzen, dass es zu einer zentralen Aufgabe einer Schule wird, nachhaltige und langfristige Projekte, Aktivitäten und Initiativen zu entwickeln, um Diskriminierungen, insbesondere Rassismus, zu überwinden.

2. Wenn an meiner Schule Gewalt geschieht, diskriminierende Äußerungen fallen oder diskriminierende Handlungen ausgeübt werden, wende ich mich dagegen und setze mich dafür ein, dass wir in einer offenen Auseinandersetzung mit diesem Problem gemeinsam Wege finden, zukünftig einander zu achten.
3. Ich setze mich dafür ein, dass an meiner Schule ein Mal pro Jahr ein Projekt zum Thema Diskriminierungen durchgeführt wird, um langfristig gegen jegliche Form von Diskriminierung, insbesondere Rassismus, vorzugehen.

Der Leistungskurs Deutsch von Frau Kliewer hat dies zum Anlass genommen, Blogs zu verschiedenen Formen von Diskriminierung zu erstellen, zu denen wir euch hier die Links bieten. Anlass dafür war, dass wir uns beteiligt haben an einem Wettbewerb zum Thema „Ich seh‘ mich nicht, wie du mich siehst!“, das die Frankfurter Allgemeine Zeitung im Rahmen des Projekts „Jugend liest“ 2014/2015 organisiert hat.

Wir würden es schön finden, wenn möglichst viele von euch auf unsere Blogs gehen würden!

Diskriminiert werden bei uns immer noch folgende Personengruppen:

 
 
 
 

Wer mehr zu der Auszeichnung „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ wissen will, findet hier weitere Informationen.

KLI, 6/15


 

Gymnasiasten aus Bad Bergzabern im Konzentrationslager Natzweiler-Struthof


So vergleichsweise klein dieses Lager in rund 800 Metern Höhe auf einem zugigen Berggipfel der Vogesen auch ist, so schrecklich sind dennoch die Verbrechen, die dort zwischen Mai 1941 und Novem-ber 1944 begangen wurden. Die mehr als hundert Schülerinnen und Schüler, die auf zwei Termine verteilt diese KZ-Gedenkstätte besuchten, erfuhren beim Rundgang durch das terrassenförmig am Berghang auf einer ehemaligen Skipiste angelegte Lager quasi aus erster Hand, was die dort inhaftierten Menschen erleiden mussten. Denn ein Überlebender, der holländische Rechtsanwalt und Widerstandskämpfer Floris Bertold Bakels, hatte im Lager heimlich Tagebuch geführt und es 1977 in erweiterter Form als Buch veröffentlicht. Aus diesen Aufzeichnungen lasen die Jugendlichen vor Ort Textauszüge – am Lagerzaun, unter dem Galgen, am Krematorium, vor der Gaskammer – und erfuhren, wie grausam und gnadenlos hier gequält, gefoltert und gemordet wurde. Man muss nicht nach Auschwitz fahren, um mit dem menschenverachtenden Verbrechen der SS-Männer und -Frauen und den pseudowissenschaftlichen medizinischen Menschenversuchen sogenannter Ärzte und Professoren konfrontiert zu werden.

Die Betroffenheit der jungen Menschen, für die die Zeit des Nationalsozialismus weit entfernt ist, zeigte sich in der Fülle der Fragen, die immer wieder gestellt wurden. Hinter vielen scheinbar sachlichen Fragen war das Entsetzen darüber erkennbar, wie Menschen anderen Menschen so etwas antun können, sie am Galgen qualvoll ersticken, im Steinbruch von Hunden zerfleischen oder im Krematorium bei lebendigem Leibe verbrennen zu lassen. Oder sie einfach sich zu Tode schuften zu lassen – „Vernichtung durch Arbeit“ hieß das damals. „Wer bewusstlos zusammenbricht, wird auf ein kleines Plateau neben den Halden geworfen. Er arbeitet nicht, also wird er später auch nicht essen“, schreibt Bakels.

Das Lager ist regelmäßig Ziel von Schulklassen aus Frankreich, aber auch aus dem benachbarten Südwestdeutschland, wohin schon bald Tausende Häftlinge zur Sklavenarbeit in Rüstungsbetrieben geschickt wurden. Rund 90 solcher Außenkommandos gab es in Württemberg und in Baden, einige wenige auch im Elsass, in Lothringen und an der Mosel.

Seit mehr als zehn Jahren organisiert die Fachschaft Geschichte des Alfred-Grosser-Gymnasiums Bad Bergzabern diese Fahrt in die Vogesen, um einen wichtigen Aspekt der Geschichte des Nationalsozialismus anschaulich zu machen. Finanziell unterstützt wurde die Schule dabei in diesem Jahr durch die örtliche Sparkasse SÜW sowie den Förderverein des Gymnasiums. Ohne deren Unterstützung wären diese so wichtigen KZ-Gedenkstättenfahrten nur schwer finanzierbar und daher in Frage gestellt.

Der französische Staat hat das ehemalige Lager zu einer Gedenkstätte für die europäischen Widerstandskämpfer umgestaltet, denn hier waren vorwiegend politische Gegner aus den im Krieg von Deutschland besetzten Ländern eingesperrt, u.a. die sog. „Nacht- und Nebel“-Häftlinge, die nach Hitlers Willen spurlos verschwinden sollten. Natzweiler-Struthof ist eines der wenigen Konzentrationslager – nicht Vernichtungslager – außerhalb Deutschlands.

Ein Mahnmal inmitten eines Friedhofs oberhalb des Lagers ehrt die Widerstands-ämpfer aus mehr als 30 Nationen, die hier inhaftiert waren oder gestorben sind. In einem Dokumentationszentrum wird an die großdeutschen Konzentrationslager sowie die Gettos und Vernichtungslager in Osteuropa erinnert. Mit großformatigen exemplarischen Bildern wird die NS-Zeit dargestellt, kurze Filme visualisieren das Thema zusätzlich.

Im Steinbruch in der Nähe des Lagers wurde roter Granit für Hitlers geplante Großbauten in Berlin gebrochen, später wurden hier Flugzeugmotoren montiert und repariert. Die Sandgrube oberhalb des Lagertors diente als Hinrichtungsstätte u.a. für elsässische Jugendliche, die den Dienst in der deutschen Wehrmacht verweigerten. Eine als Museum eingerichtete ehemalige Lagerbaracke erinnert an die Häftlinge, veranschaulicht die Lebensumstände im Lager, erklärt die Umstände seiner Errichtung, seiner Evakuierung und Befreiung. Es war das erste Lager überhaupt, das die Alliierten vor Kriegsende erreichten. Befreien konnten sie allerdings niemanden, denn im November 1944 waren die Insassen, soweit sie dazu noch in der Lage waren, auf den Todesmarsch nach Dachau geschickt worden. Die wenigsten überlebten.


ER, 5/15


weiterlesen

Mit 15 von der Schulbank an die Flak


„Stellt euch vor, euer stellvertretender Schulleiter, Herr Engel, verkündet euch, dass heute euer vorerst letzter Schultag sei. Am Montagmorgen um 7 Uhr geht es mit ein wenig Gepäck vom Flughafen in Frankfurt in die Türkei zum NATO-Stützpunkt. Für uns damals war Ludwigshafen so weit entfernt wie für euch heute die Türkei“, so eröffnete Hermann Frech seine Vorstellung zu einem Film über seine Zeit als Flakhelfer, den er gemeinsam mit Schülern der 10ten Klassen am 30. April 2015 anschaute.
Hermann Frech aus Göcklingen wurde im Alter von 15 Jahren zusammen mit etwa 40 weiteren Mitschülern des Otto-Hahn-Gymnasiums in Landau an die Flugabwehrkanonen in Ludwigshafen abkommandiert. Nach eineinhalb Jahren wurde er – nach Schongau, Hannover und Brüx (im heutigen Tschechien) – schließlich zur Flakbatterie in Neukölln/Berlin versetzt, wo er im Mai 1945 in russische Gefangenschaft geriet. Während des beschwerlichen Fußmarsches nach Polen wurde der damals 17-Jährige entlassen und bescherte – nach weiteren sieben Monaten – mit seiner Rückkehr zwei Tage vor Weihnachten seiner Familie das schönste Weihnachtsgeschenk.
Unter der Leitung von Aleida Assmann, Professorin für Anglistik an der Universität Konstanz, entstand der Film „Anfang aus dem Ende – Die Flakhelfergeneration“, der die gemeinsame Geschichte dieser Generation aus ganz unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Dieser Dokumentarfilm, ergänzt durch den persönlichen und anschaulichen Bericht des heute 87-jährigen Hermann Frech, lieferte den Schülern ein eindrucksvolles Bild von den Geschehnissen zur Zeit des Zweiten Weltkrieges.

Flakhelfer

Die „persönliche Geschichtsstunde“ des ehemaligen Lehrers und Schulleiters stand unter den Vorzeichen des Comenius-Projektes zum Thema „Europäische Erinnerungskulturen“ und zeigte den heute 16-17-Jährigen eindrücklich, wie wichtig auch 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges die Wertschätzung des Friedens ist.
Hor, 5/15


weiterlesen
Wordpress Popup Plugin Free