„Einsam in der Menschenmasse”

 
Gleich zu Beginn des Martha-Saalfeld-Tages besuchten die Schülerinnen und Schüler das Haus, in dem Martha Saalfeld in der Zeppelinstraße Bad Bergzabern wohnte. Heute lebt hier eine Familie mit drei Kindern, die die Schülergruppe durch den Garten führte. Im Garten entdeckte Michaela Böer (Jahrgangsstufe 13) Bäume, die auch im Roman „Pan ging vorüber” der Schriftstellerin vorkommen. Von der Villa ging es weiter zum Stadtmuseum, wo Alfred Burckhardt und Renate Becker den Schülerinnen und Schülern druckgrafische Werke des Ehemanns von Martha Saalfeld – Werner vom Scheidt – zeigten.Auch das bescheidene Mobiliar, welches zuvor das Wohnzimmer der Villa in der Zeppelinstraße ausmachte, konnten die Schüler dort sehen: einfache Korbstühle, ein kleiner Tisch und ein allerdings prächtig verzierter Schrank. Die letzte Station des Rundgangs durch die Kurstadt bildete der Stein, den die Ike-und-Berthold-Roland-Stiftung zu Ehren des Künstler-Ehepaares im Kurpark aufstellen ließ. Von hier ließ sich in Teilen die Pfälzer Landschaft erahnen, die immer wieder Thema im Werk der beiden war.

So stellte eine Gruppe das Gedicht „Die pfälzische Landschaft” spielerisch dar, andere Gruppen schrieben Romanauszüge von Martha Saalfeld weiter, drei Gruppen beschäftigten sich mit dem Leben der Bad Bergzaberner Autorin mit einem Film, einer gezeichneten Lebenslinie und einem fiktionalen Text. „Man merkt, dass sie es nicht leicht hatte, aber sie hatte immer gute Lösungen”, sagte Schülerin Marie-Claire Blum über Martha Saalfeld. Nathalie Bolz meinte: „Am beeindruckendsten an ihrem Leben fand ich, dass sie so viel durchgemacht hat, zum Beispiel, als sie mit sieben Jahren zu ihrer Oma gezogen ist.” Anna Fribiczer erklärte, dass „die Texte uns ansprechen, weil Martha Saalfeld eben oft die pfälzische Landschaft beschreibt, die wir jeden Tag vor Augen haben.”

Die Gruppe um Charlotte Weingarten, Felix Hundertmark und Patrick Stephan schrieb zu Martha Saalfelds Gedicht „Der Bürger” eine Szene. Das Gedicht selbst wurde eindrucksvoll von Charlotte Weingarten vorgetragen, während andere Gruppenmitglieder das Gesprochene gleichzeitig szenisch darstellten. „Obwohl der Bürger ins Wirtshaus geht, obwohl er ständig unter Leuten ist, bleibt er immer einsam”, erläuterte Charlotte. „Genau wie heute – so geht es auch vielen, gerade älteren Leuten.” Dafür erhielt die Gruppe den 1. Preis.

Den zweiten Preis erhielten Lena Wensch, Christina Beck, Theresa Krumholz und Monja Richard, die das, was sie morgens von Alfred Burckhardt und Renate Becker in der Saalfeld-Scheidt-Gedenkstätte erfahren hatten, in einem eigenen Text umsetzten: Vom Scheidt hatte den Pelzkragen von Martha Saalfeld dazu benutzt, einen Druck zu einem Bären anzufertigen.

Martha Saalfeld Tag 15

Die Gruppe um Anna Heideyer, Anna Fribiczer, Cassandra Matko und Lena Scheib wählte einen Romanauszug aus Martha Saalfelds Werk „Pan geht vorüber” und schrieb dazu eine Fortsetzung. „Die Atmosphäre dieses Textes versucht den Sehnsuchtsdrang nach die Unbekümmertheit und Freiheit, die auch zur Zeit Martha Saalfelds vorherrschte, einzufangen. Selbst in den verwinkelsten und dunkelsten Ecken, wie in denen eines Speichers, ist es möglich Glück zu finden”, erläuterte Lena Scheib die Textidee der Gruppe, die dafür den 3. Preis erhielt. Die Romanprotagonistin Bettina entdeckt in der Schülerversion das Glück in der Musik eines Panflötenspielers. Dieser spürt sie so intensiv nach, dass sie sich beim Tanzen auf der Straße ertappt.

Die drei besten Gruppen erhielten Büchergutscheine im Wert von 140 Euro, die von der Ike- und- Berthold- Roland-Stiftung gestiftet wurden. Der Projekttag wurde auf Anregung dieser Stiftung und durch die Vermittlung von Renate Becker zum ersten Mal durchgeführt, soll aber in den folgenden Jahren zu einer festen Institution am Gymnasium im Alfred-Grosser-Schulzentrum werden. Die Schülerinnen und Schüler werden auch eine Lesung mit einem der Preisträger des Martha-Saalfeld-Preises, dem Schriftsteller Markus Zerwas, am 12. Oktober im Raum A 105 des Gymnasiums besuchen.

Ziel des Martha-Saalfeld-Tages war die kreative Auseinandersetzung mit dem Leben, einigen Gedichten und Romanauszügen von Martha Saalfeld (1898-1976). Die Schriftstellerin verbrachte die wichtigsten Jahre ihres Lebens in Bad Bergzabern – gemeinsam mit ihrem Ehemann Werner vom Scheidt, der in der 1970er-Jahren Kunstlehrer am Gymnasium in Bad Bergzabern war. Der Saalfeld-Tag sollte zum einen die berühmte Schriftstellerin in die öffentliche Erinnerung bringen, zum anderen Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geben, kreativ mit Literatur umzugehen.
 
Martha Saalfeld
(geboren 1898 in Landau, gestorben 1976 in Bad Bergzabern)

Sie verbrachte die wichtigsten Jahres ihres Lebens genmeinsam mit ihrem Mann Werner vom Scheidt in Bad Bergzabern. Ihr Mann war in den siebziger Jahren Kunstlehrer am heutigen Gymnasium. Martha Saalfeld wuchs ab dem siebten Lebensjahr bei ihrer Großmutter auf. Sie besuchte die Höhere Mädchenschule, das heutige Max-Slevogt-Gymnasium, in Landau und fiel bereits dort mit ihrem dichterischen Können auf. Im Ersten Weltkrieg leistete sie freiwilligen Hilfsdienst in Lazaretten. Anschließend studierte sie in Heidelberg Philosophie und Kunstgeschichte. 1928 heiratete sie Werner vom Scheydt. Martha Saalfeld entschied sich für ein Leben als Schriftstellerin, wurde aber von den Nationalsozialisten verfolgt. 1938 wurde gegen sie ein Publikationsverbot verhängt. 1948 zog sie nach Bad Bergzabern. Dort veröffentlichte sie Gedichte, Erzählungen und Romane und wurde u.a. durch Hermann Hesse, Stefan Zweig und Elisabeth Langgässer gewürdigt. Ihre Texte beschäftigen sich mit der Natur und haben oft magisch-märchenhafte Motive. Sie erhielt mehrere Preise, unter anderem den Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1955) und den Pfalzpreis für Literatur des Bezireksverbandes Pfalz (1959). Nach ihrem Tod wurde sie in ihrer Geburtsstadt Landau beigesetzt. 1994 stiftete das Land Rheinland-Pfalz den Martha-Saalfeld-Förderpreis.



VOL, 10/15